Nur die Fassade?
Hinter der Fassade
unser wahres Gesicht?
Rein weiße Tünche –
das dahinter
mögen wir nicht … ?
Das Weiß
zieht an, spiegelt vor.
Gehst du hinein
siehst du es vielleicht
mickrig, klein,
vergammelt –
Ein Ort, wo
Hinz und Kunz Unvollkommen
sich versammelt,
sich streitet, verletzt, diskutiert –
letztendlich ist es dort wie überall auf der Welt –
und doch, im Letzten auch zusammenhält.
Zusammenhalt
ist vielleicht das,
was die Fassade meint,
auch wenn´s dahinter lacht
und weint.
https://petras-lyrik-blog.de/altbau/
11.08.2021
Befürchtung
Schöne Fassade
Nichts dahinter
Außen Sommer
Innen Winter
21.12.20
Innenraum
Das Haus lebt vom Innenraum
Wie von den Säften der Baum.
Wenn Innen nichts mehr lebt
keine Blüte, kein Blatt nach Außen strebt.
Ist es Innen warm und bunt
wird das ganze Leben rund.
Wir renovieren noch immer die Fassade unseres Altbaus, des alten Gutshauses. Es ist unser Gemeinschaftshaus und schon baufällig. In kleinen Abschnitten wird dagagen etwas unternommen. Im Inneren wird ein kleiner Saal renoviert. Dabei haben wir sehr alte Fundamentsteine gefunden.
Siehe auch:
https://petras-lyrik-blog.de/woelfe/
Das große Unternehmen ist, die Fassade zu renovieren, einschließlich etliche Fenster zu ersetzen und einen kleinen Vorbau anzufügen, beides angelehnt an eine ursprüngliche Form des Hauses.
Natürlich machen wir uns Gedanken über die Fassade, die wir gerade renovieren. So schön sieht sie aus!
Spiegelt sie etwas vor, das nicht wahr ist? Was geschieht im Haus wirklich? ist es genug? Wecken wir mit der Fassade Erwartungen, die wir dann nicht erfüllen können? Wollen wir nach außen hin gut da stehen, ohne im Inneren der Gemeinschaft für eine Entsprechung zu sorgen? Hätte das nicht sogar Vorrang, so dass die Fassade dann keine Lüge ist?
Andererseits hätten wir die Fassade ohne den inneren Zusammenhalt gar nicht erneuern können. Es dringt auch etwas von Innen nach außen. Da ist etwas Buntes und Schönes, für das wir sehr dankbar sein können.
Die Fassade erneuert zu haben wiederum, bietet dem Inneren Schutz: Das Haus würde verfallen, wenn wir das nicht getan hätten. Wir haben Raum bereitet, in dem es weiter leben und gären kann.
Innen und Außen bedingen sich gegenseitig.
https://www.handwerk.com/so-lernen-sie-menschen-richtig-einzuschaetzen
Es sind ja oft nicht die spektakulären Sachen, die wir zu geben haben. Und doch: Es ist genug! Und darin, dass wir genügen, sollten wir uns gegenseitig unterstützen, um zur Fülle und zur Freude zu gelangen, die weiterstrahlt, ohne uns zu überfordern.
Dazu ein Gedichtchen, mit dem ich auf ein Gedicht meines Vaters reagierte, das ich neulich erst wiedergefunden habe.
Zum Gedicht von Hans Kremer: „Führ herbei des Lebens Fülle“
Mai 21
Mehr habe ich nicht mehr zu geben,
als das Kleine sichtbar werden zu lassen
in meinem Leben.
Es wertzuschätzen, das Kinderlachen,
den Scherz, das Lied,
die Wolken, die Wiese und am See das Ried,
den Amselgesang, den Kolkrabenruf –
all diese kleinen Sachen,
die eine Kraft zuerst erschuf.
Dankbar zu staunen, dass ich es erlebte,
auch wenn gleichzeitig die Erde erbebte
von Bosheit und Zerstörungswut:
Das Kleine, Schöne macht mir Mut.
Mein Vater, Hans Kremer, hat viele Gedichte geschrieben. Das Schreiben hat ihm in schwerer Krankheit geholfen, ihn getröstet. Er war zwanzig Jahre Kumpel unter Tage, bevor er zum Frührentner wurde. Als das Gedicht entstand war er schon lange todkrank.
Ich denke, es passt zum Thema Maske oder Fassade, deshalb zitiere ich es hier:
Hans Kremer
1995 während eines Besuches in der Gemeinschaft.
Zwei Jahre vor seinem Tod.
Führ herbei des Lebens Fülle
Geist des Friedens, Geist des Lohns.
Der Du in des Herzens Stille
als ein Gott der Freude thronst.
Die Dir machen fromme Minen,
Trauerspiel statt Lobgesang,
lässest Du als Lohn verdienen
ihrer Taten Überschwang.
Ach, bewahre meine Seele
vor dem Pharisäertum.
Wenn ich falle, wenn ich fehle,
mehr Vergebung – Deinem Ruhm.
Wer als Lahmer schmäht die Krücke,
stürzt und stehet nimmer auf.
Du allein füllst jede Lücke,
ohne dich misslingt der Lauf.
Darum sei Du meine Stärke,
sieh, ich schenk dir Hand und Herz.
Reicht es nicht für große Werke,
reicht´s vielleicht zu einem Scherz.
Es sind nicht die großen Sachen,
die die Welt nach vorne bringt:
Manchmal ist´s ein Kinderlachen
oder wenn Dir einer singt.